Zusammenfassung

Marie-Luise Favreau-Lilie (Freie Univ. Berlin)

Der Deutsche Orden – ein Bauherr (?)

Möglichkeiten und Grenzen eines Vergleichs zwischen Norditalien und dem Heiligen Land

Der komparatistisch angelegte Vortrag konzentriert sich auf die Verhältnisse in den Kreuzfahrerstaaten bis zu deren Zusammenbruch im Jahre 1291 und die Situation im nordöstlichen Italien, wo die Ballei Lamparten einige Jahrhunderte länger existierte. Es geht um den Immobilienbesitz des Deutschen Ordens in den Kreuzfahrerstaaten und im östlichen Norditalien, d. h. zwischen dem Friaul und der Emilia Romagna, soweit dieser aus festen Bauwerken bestand, d. h. aus Gebäuden oder Gebäudekomplexen ganz unterschiedlicher Funktion und Größe:

im Zentrum das Wohn-und Verwaltungsgebäude mit Dormitorium, Refektorium und Versammlungsraum nebst Kirche oder kleiner Kapelle, teilweise verbunden mit einem Hospital, das bedürftigen, kranken und armen, Reisenden (Pilgern, Kreuzfahrern) Zuflucht bot. Natürlich gehörten zu den Niederlassungen im allgemeinen auch Wirtschaftsgebäude, beispielsweise Werkstätten, Vorratsspeicher, und Stallungen. Diese werden in den schriftlichen Quellen nie erwähnt, ganz im Gegensatz zu den wehrhaften Bauwerken in Ordensbesitz, die militärischen Zwecken dienten und vom Orden als Stützpunkte bei der Landesverteidigung gegen die Muslime gedacht waren.

Der Vortrag soll exemplarisch die folgenden Fragen erörtern: Was ist über die vom Orden erworbenen Bauten bekannt, die in jeder Niederlassung vorhanden sein mussten, um den Brüdern ein Leben gemäß der Ordensregel zu ermöglichen und zu gewährleisten, dass sie ihren karitativen und/oder militärischen Aufgaben nachgehen konnten. Was wissen wir über die Umstände, die zum Erwerb dieser Bauwerke geführt haben, und über die dafür verantwortlichen Akteure?  Spiegelt sich die Verschiedenheit der Ordensaktivitäten im Lateinischen Orient und im nordöstlichen Oberitalien in seinen Bauten? Unter welchen Voraussetzungen trat der Deutsche Orden selbst als Bauherr in Erscheinung? Dass in diesem Kontext auch nach den finanziellen und rechtlichen Voraussetzungen ordenseigener Bauvorhaben zu fragen ist, versteht sich von selbst.