Zusammenfassung
Karl Borchardt (Monumenta Germaniae Historica, München)
Ordensgefängnisse und Strafgerichtsbarkeit im Mittelalter
Die geistlichen Ritterorden verfügten im Mittelalter und darüber hinaus über Strafgerichtsbarkeit. Das galt nicht nur gegenüber ihren Untertanen in den sogenannten Ordensstaaten, beim Deutschen Orden also in Preußen und Livland, bei den Johannitern auf Rhodos, sondern auch bei einzelnen Kommenden gegenüber den Hintersassen. Als geistliche Orden hatten sie außerdem Strafgerichtsbarkeit gegenüber ihren Mitgliedern. Näheres dazu kennt man vor allem aus den normativen Quellen. Je nach der Schwere der Vergehen konnten demnach Fasten bei Wasser und Brot, Geißelung vor dem versammelten Konvent, Einkerkerung und nötigenfalls Ausstoßung aus dem Orden angeordnet werden. Aus Rücksicht aus ihr öffentliches Ansehen behandelten alle Orden solche Vorgänge möglichst diskret; Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht galten als strafwürdig. Genau aus diesem Grunde gibt es nur wenige Quellen über konkrete Bestrafungen. Einige schriftliche Zeugnisse haben sich aber dennoch erhalten, zum Beispiel, wenn Ordensangehörige sich an die apostolische Pönitentiarie wandten, um Gnade und wieder eine geregelte Lebensperspektive in ihrem alten Orden oder auch die Erlaubnis zum Übertritt in einen anderen Orden zu finden. Interessant wäre die Frage, ob sich bei Ordenshäusern Kerker für Ordensangehörige nachweisen lassen. Gelohnt haben dürfte sich ein eigenes Gefängnis nur bei großen Konventen. In der Mehrzahl der Ordenshäuser wird man solche Kerker also nicht finden. Für die Bauforschung stellt sich ferner die Frage, woran man Kerker erkennen könnte. Auf Rhodos sind der Palast des Meisters und die anderen Gebäude der Johanniter aus dem 14. und 15. Jahrhundert so stark verändert worden, dass sich darüber wenig aussagen lässt. Bei der inzwischen abschließend restaurierten und dadurch sehr gut untersuchten Marienburg sollte man meinen, dass dies anders ist; allerdings stellt sich hier die Frage, woran man denn ein Gefängnis für Ordensangehörige erkennen könnte. Gerade wegen der Verschwiegenheitspflicht ist davon auszugehen, dass Ordensangehörige nicht gemeinsam mit anderen Strafgefangenen eingesperrt, sondern separat und ad hoc in einer Kammer angekettet wurden. Die eindeutige Identifizierung eines Gefängnisses für Ordensangehörige dürfte darum nicht einfach sein.