Zusammenfassung

Christopher Herrmann (Olsztyn)

Der Hochmeisterpalast als Infrastruktur der Herrschaftsausübung

Das Gebäude des zwischen 1380 und 1396 erneuerten Hochmeisterpalastes mit seinen zahlreichen Sälen, Räumen und Verbindungsgängen war ein komplexer Organismus der Infrastruktur der Macht. Wesentliche Grundsätze, die der Planung der Residenzarchitektur zugrunde lagen, waren

  • Die Gruppierung und Clusterbildung von Räumen gleicher Funktion sowie eine weitgehende räumlichen Trennung dieser einzelnen Funktionsbereiche voneinander mit jeweils dezentralem Zugang. Die vier wesentlichen Nutzungszonen waren Repräsentation, Wohnen, Verwaltung und Versorgung.
  • Das Prinzip der kurzen Wege und unmittelbaren Zugänge innerhalb der einzelnen Funktionsbereiche.
  • Eine Ausdifferenzierung bei der Anzahl und Ausstattung sowohl der Repräsentationsräume (Remter und Ratsstübchen) als auch der Wohnräume für den Hochmeister und die Gebietiger.
  • Eine Hierarchie der Raumfunktionen: Die wichtigsten Räume in der Rangordnung lagen in den oberen Geschossen und waren aufwändiger ausgestattet (Piano nobile).

Die Anordnung der Räume und Kommunikationswege war nicht zufällig oder beliebig, sondern Ergebnis einer durchdachten Konzeption. So wie sich im Kirchenbau spezifische architektonische Traditionen und Prinzipien der Raumgestaltung entwickelt hatten, die sich an den Bedürfnissen des religiösen Kultus orientierten, so gab es auch im Residenzenbau eine bestimmte Raumanordnung und -nutzung. Der hervorragende Erhaltungszustand des Hochmeisterpalastes auf der Marienburg erlaubt es, auf Grundlage einer Analyse der Raumorganisation diese architektonische Infrastruktur der Macht in Umrissen zu rekonstruieren.